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Der letzte Einsiedler verlässt Sankt Jost

1883
Seit dem frühen 17. Jahrhundert lebten Eremiten bei der Kapelle Sankt Jost auf dem höchsten Punkt des Pilgerweges vom Ägerital nach Einsiedeln. Sie führten dort ein asketisches Leben, hüteten die Kapelle, läuteten die Betglocke, riefen den Alpsegen für die auf der Allmend weilenden Hirten und Sennen und betreuten die vorbeiziehenden Pilger.

Allerdings führten längst nicht alle der von der Gemeinde gewählten Einsiedler ein frommes Leben gemäss den strengen eremitischen Vorschriften. Nicht wenige gerieten wegen Ungehorsam, Pflichtvergessenheit und Verstössen gegen die Regeln in Konflikte mit der weltlichen und geistlichen Obrigkeit, verliessen für längere Zeit die Klause, führten ein unstetes, unmoralisches Leben am Rande der Gesellschaft und trugen zum teilweise schlechten Ruf ihres Standes bei. Deshalb war das Bedauern im Ägerital gering, als 1883 Josef Huber, der letzte Eremit, die Klause auf Sankt Jost verliess.

Die Eröffnung der Ratenstrasse hatte die Pilger auf eine neue Route geführt und dem Einsiedler die Einnahmen aus der Bewirtung und den Almosen entzogen.


Bild: Kapelle und Einsiedelei Sankt Jost im frühen 20. Jahrhundert. 1798 und 1799 war der Ort Schauplatz von Abwehrkämpfen gegen die Franzosen und von mörderischen Gefechten zwischen Franzosen und Österreichern.
Östlich der Kapelle das 1833/34 neu erbaute Bruderhaus (abgebrannt 2005).
Der Pilgerweg von Oberägeri nach Einsiedeln führt direkt unterhalb des Ensembles vorbei.