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Stellen Sie sich vor, es ist Schule und niemand geht hin

23. März 2020
Roman Fässler hat einen Brief an die Eltern geschrieben - nicht als Rektor, sondern als dreifacher Vater. Berührende, ehrliche Worte.

Liebe Eltern, liebe Erziehungsberechtigte

Seit einer Woche mussten wir die Türen unserer Schule schliessen. Das tut uns weh. Ich vermisse das Geschrei der Kinder vor meinem Büro. Mich stören die leeren Plätze. Aber im Moment sind diese Massnahmen richtig und wichtig. Tragen wir das mit, zum Wohle aller.

Ich schreibe Ihnen heute nicht als Rektor der Schule Oberägeri, sondern als Vater von drei (erwachsenen) Kinder. Mit meinen Kindern musste ich keine solche Situation durchstehen, wie wir sie im Moment erleben. Doch mache ich mir viele Gedanken, wie es mir in dieser Situation erginge und wie ich agieren würde.

Zu fünft zu Hause, alle machen Home-Office und wollen auf die gleiche, beschränkte Infrastruktur zu greifen. Zudem spüre ich die Erwartung des Arbeitgebers die Leistung im Beruf zu bringen und jetzt werde ich temporär noch Assistenz-Lehrer oder -Lehrerin meiner Kinder. Dann verstehe ich das komplizierte E-Learnig-Tool nicht, schaffe es auch nicht mein Home-Office und das Home-Schooling der Kinder unter einen Hut zu bringen, das Abfilmen des Instrumentalunterrichts erweist sich als zu kompliziert. Das ist alles nicht so tragisch. Bleiben Sie ruhig. Nehmen Sie es mit Humor. Ihre Kinder werden nicht zu Bildungs-Versagern, weil Sie einige Wochen keinen Präsenzunterricht haben.

Wir sind aufgefordert Distanz zu halten und doch in Beziehung zu bleiben. Ihre Kinder brauchen jetzt Geborgenheit, Liebe, Zuversicht und Strukturen. Bleiben Sie mit unseren Lehrpersonen in Beziehung, melden Sie Ihnen zurück, wie es Ihren Kindern geht und wie es Ihnen mit der neuen Herausforderung geht. Wir alle sind am Lernen. Uns fehlen die direkten Rückmeldungen der Kinder, die wir sonst im Unterricht haben: das Lächeln, das Nicken, der fragende Blick. Mit Ihren Rückmeldungen, die wir verdichten, können wir unser Handeln anpassen, so dass es Ihnen leichter fällt mit der neuen Situation umzugehen. Und wir wissen, was die Kinder brauchen.

Seien Sie nachsichtig. Mit sich selbst, mit Ihren Kindern, den Lehrpersonen und uns Schulleitung. Wir sind es auch mit Ihnen. Wir wissen, dass wir alle in einer wirklich ausserordentlichen Lage sind. Und wir gehen davon aus, dass diese noch lange andauern kann. In einer solchen ausserordentlichen Lage ist eigentlich nur eines wichtig: die Gesundheit. Die Gesundheit aller. Auch die psychische. Schaffen Sie im eigenen Zuhause für Ihre Kinder ein «Nest» der Zuver-sicht und Gelassenheit. Strahlen Sie die Zuversicht aus, dass alles gut wird. Auch wenn die äusseren Umstände anders aussehen. Wir haben es in der Hand! Zuversicht und Geborgenheit werden auch durch Strukturen vermittelt. Kochen Sie gemeinsam, geniessen zusammen das Mittagessen, gestalten Sie die Hausarbeiten gemeinsam. Planen Sie pro Tag gemeinsame Blockzeiten fürs Home-Office, wenn es geht, mit den Aufgaben der Schule.

Wir sind durch die veränderten Rahmenbedingungen gezwungen, den Alltagstrott zu verlassen und die bisherigen Aufgabe in neuen Möglichkeiten zu denken: wie kann ich den Drang nach Bewegung der Kinder mit den Vorgaben des BAG vereinbaren, wie pflege ich das «Social Distancing» in den Familienaktivitäten oder wie leben wir das soziale Miteinander im Quartier. Seien Sie kreativ und individuell. Wir beobachten ganz viele spannende Initiativen, die uns auch auf Distanz zusammenrücken lassen.

Bleiben wir im Kontakt! Wir finden einen Weg, diese Herausforderung zu meistern – gemeinsam!

Freundliche Grüsse

ABTEILUNG BILDUNG

Roman Fässler
Rektor 

KInder beim Backen

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